In der Summe aufgegangen – Das war die 26. Pilztagung in Bad Soden!

Lesen Sie beigefügten Tagungsbericht, der in der Ausgabe "Schützen & Erhalten", September 2024 erschienen ist und uns freundlicherweise von der  Autorin Prof. Dr. rer. nat. Constanze Messal zur Verfügung gestellt wurde!


Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Der nachstehende Pressetext wurde uns freundlicherweise von Andrea Papkalla-Geisweid, Programm Managerin Bau & Ausbau, RM Rudolf Müller Medien GmbH & Co. KG, Stolberger Straße 84, 50933 Köln, www.rudolf-mueller.de, zur Verfügung gestellt.

Die 26. Pilztagung fand in seinem neuen zweijährigen Turnus in diesem Jahr erstmalig in Bad Soden statt. Auch diesmal gelang es den Veranstaltern, dem Berufsverband Deutscher Baubiologen VDB, dem Bundesverband Schimmelpilzsanierung BSS in Kooperation mit dem Umweltbundesamt und dem Deutschen Holz- und Bautenschutzverband e. V. DHBV., wieder eine interessante Präsenz- und Online-Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Im Mittelpunkt standen Vorträge zum Tagungsthema „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“.

Verdeckte Fäuleschäden aufspüren
Der 18. Juni, als erster Veranstaltungstag, stand ganz im Fokus/Rahmen von Workshops. Und so workten beispielsweise Pia Haun am Vormittag zum Thema „Wichtige Aspekte bei der Untersuchung von Feuchteschäden im Holzbau“. Sie ging beim Aufspüren verdeckter Fäuleschäden mittels Bohrwiderstandsmessung den Fragen nach: Welche Verfahren sind geeignet? Und: Auf was ist bei der elektrischen Widerstandsmessung zu achten?

Sie merkte an, dass grundsätzlich mehrere Fäuletypen sowie mehrere Holz zerstörende Pilze parallel vorliegen könnten. Bei der Ermittlung des Schadensumfangs sei deshalb zu prüfen, ob Hinweise auf Innenfäule vorlägen. Beim Abklopfen frei liegender Balken oder Anbeilen könne man je nach Schädigungsgrad und Einbausituation gegebenenfalls Hinweise auf versteckte Fäuleschäden erhalten. Grundsätzlich sei es bei der Untersuchung von Feuchteschäden im Holzbau immer wichtig, geeignete Methoden korrekt anzuwenden. Die verursachten Schäden sowie das Schadensausmaß seien nicht immer augenscheinlich.

Endotoxin-Befund entscheidend für den Sanierungsaufwand
Dr. Wolfgang Lorenz nahm sich in seinem Workshop des Themas „Endotoxine - Vorgehensweise bei Untersuchung und Probenahme“ an. Bakterien würden in der Regel bei Laboranalysen berücksichtigt, aber man bekäme häufig lediglich die Information, dass Bakterien nachgewiesen würden oder nicht. Bisher gäbe es keine fundierten weiteren Informationen, wie man den bakteriellen Nachweis bei der Schadensbewertung berücksichtigen könne. Sehr wertvolle Information lieferten dabei Endotoxinanalysen. Endotoxine seien sehr stabile toxische Stoffe, die beim Absterben von Bakterien freigesetzt würden. Dr. Lorenz stellte in seinem Workshop die Möglichkeiten und verschiedene Methoden der Endotoxin-Analytik vor. Der praktische Nutzen wurde anhand von Fallbeispielen verdeutlicht: Gram-negative Bakterien könne man mit den herkömmlichen Methoden nicht mehr nachweisen, wenn diese vollständig zerfallen seien. Mit einer Endotoxinanalyse sei dieser Nachweis zuverlässig möglich. Bei manchen Gutachten könne der nun mögliche Rückblick in die Schadenshistorie entscheidend sein. Auch bei „frischen“ Leitungswasserschäden könne der positive oder negative Endotoxin-Befund für den notwendigen Sanierungsaufwand entscheidend werden.

Grünes Licht fürs Lüften?
Wie die VDB-Lüftungsampel richtig eingesetzt und angewendet wird, darüber informierte Uwe Münzenberg in einem Praxistraining. Der Workshop widmete sich der Frage: Welche Rolle kann eine Lüftungsampel bei der Schimmelprävention spielen? Ausgangspunkt waren die vielfachen Mythen zum Lüften von Wohnungen. Oftmals führten die Diskussionen über das richtige Lüftungsverhalten zu Konflikten zwischen Mietern und Vermietern, die schwer zu lösen seien. Dies geschehe, weil das Thema des richtigen Lüftens rein theoretisch behandelt würde, ohne die relevanten Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Die Folge sei: Unterschiedliche Gebäudetypen in Verbindung mit stark variierender Nutzung führten bei pauschalen Vorgaben zu stets den gleichen vermeidbaren Schäden.

Mit der VDB-Lüftungsampel präsentierte Münzenberg den Zuhörern eine Entscheidungshilfe auf Basis von Messdaten, ob ein Lüftungsvorgang zum aktuellen Zeitpunkt sinnvoll oder sogar notwendig sei. Im Rahmen des Workshops wurde die Anwendung dieser Ampel genauer betrachtet, die Vor- und Nachteile ihrer Anwendung erörtert und diskutiert, für wen die VDB-Lüftungsampel geeignet ist.

Messungen zum Nachweis des Mindestwärmeschutzes
Bei Schimmelpilzbefall in der Außenwandecke gibt es häufig Auseinandersetzung zwischen Mieter und Vermieter: Wird in der Wohnung nur falsch geheizt und gelüftet oder ist der Mindestwärmeschutz im Eckbereich nicht erfüllt und kommt es deshalb zu niedrigen Oberflächentemperaturen, bei denen ein Schimmelpilzbefall nicht zu verhindern ist? Jeremias Stolze betrachtete in seinem Workshop „Messungen zum Nachweis des Mindestwärmeschutzes: ja, nein oder vielleicht?“ verschiedene Messtechniken zur Untersuchung von Wärmebrücken. Im Anschluss wurden diese auf ihre Eignung zur Überprüfung des Mindestwärmeschutzes hin bewertet. Darüber hinaus wurde anhand von Beispielen mögliche Fehler bei der Bewertung des Mindestwärmeschutzes nachvollziehbar dargestellt und diskutiert. 

Häufige Fehler bei der technischen Trocknung
Am Nachmittag widmeten sich Stefan Betz und Frank Walter dann den Fehlern bei der technischen Trocknung. Wasserschäden in Gebäuden seien nicht nur ärgerlich, sondern könnten weitreichende Folgen für die Bausubstanz, das Inventar und die Gesundheit nach sich ziehen. Wie sich erkennen lässt, ob die Trocknungsmaßnahme gezielt die feuchten Bereiche erfasst, korrekt installiert ist und effizient funktioniert versuchte der Workshop zu zeigen. Dazu wurden typische Beispiele von Durchfeuchtungsschäden vorgestellt und Tipps gegeben, wie man Fehler im Vorfeld feststellt, um lange Trocknungszeiten, unerwartete Kosten und Folgeschäden zu vermeiden. 

Messstrategie für gut reproduzierbare Raumluftmessungen
Noch existiert die ISO/DIN 16000-22 als Entwurf, sie wird jedoch aller Voraussicht nach noch in diesem Jahr als offizielle Norm erscheinen. Christoph Höflich zeigte in seinem Workshop schon jetzt, wie mit aktivierten Luftprobeentnahmen Schimmelpilzpartikel aerosoliert werden, um gut reproduzierbare Messergebnisse zu erreichen. Er demonstrierte, wie die Probennahme nach Punkt 7.3, Anhang B (Aktivierte Probeentnahme) durchzuführen ist und erläuterte, warum diese Art der Luftprobeentnahme die Belastung eines Raums mit Schimmelpilzpartikeln gut repräsentiert. 

VDB-Probenvergleichsmessung 2024
Zu Ende des ersten Veranstaltungstags fand im Außenbereich die schon obligatorische Probenahme von Schimmelpilzen aus der Außenluft statt. Uwe Münzenberg nahm sich auf vielfachen Wunsch der Sachverständigen der Probenvergleichsmessung zur Probennahme von Schimmelpilzen aus der Raumluftproben an.

Ziel der VDB-Probenvergleichsmessung zur Probenahme von Schimmelpilzen aus der Raumluft war, Baubiologen/Baubiologinnen und Sachverständigen die Möglichkeit zu geben, die Qualität ihrer Probenahme zu kontrollieren und für eine Zertifizierung oder Akkreditierung notwendige Teilnahme an Ringversuchen nachweisen zu können. 
Bei dem angebotenen Ringversuch lag der Fokus auf der Probenahme, nicht auf der Auswertung. Dieser Ringversuch diente daher ausschließlich der Qualitätssicherung der Pro-benahme. Die Proben wurden von einem Labor (Umweltmykologie Berlin) ausgewertet, um den Anteil des Laborfehlers zu minimieren. Für die VDB-Probenvergleichsmessung 2024 wurde im Gegensatz zu den vorhergehenden Jahren die Außenluft genutzt. Aus wissenschaftlicher Sicht wurde der Ringversuch von Dr. Gabrio und Dr. Mattuschka ausgewertet und begleitet.

Block 1: Beurteilung der gesundheitlichen Gefährdung
Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie weit die Panikmache in sogenannten Fachforen im Internet heutzutage gehen kann, eröffnete Constanze Messal den zweiten Tag der Veranstaltung mit der „Gefahr des gelben Schimmels“. Es stellte sich heraus, dass derzeit in vielen Internetforen über den gefährlichen gelben Schimmel in Wohnungen berichtet wird. Natürlich auch darüber, wie Betroffene diese Schlawiner erkennen und sich schützen können. Auch Hinweise zum Entfernen seien erwartungsgemäß reichlich enthalten. Aber die als wissenschaftlich recherchiert betitelten Beiträge endeten meist mit (fragwürdiger) Produktwerbung und hinterließen oft mehr Panik als Hilfestellung. Prof. Constanze Messal versuchte sich an einer wissenschaftlichen und vielleicht nicht ganz so ernst gemeinten Auseinandersetzung mit dem Thema.

Block 3: Richtlinien
Richtlinien begleiten uns im Alltag in allen Lebenslagen. So ist es kein Wunder, dass auch im

Bereich der Regulierung von Sach- und Gebäudeschäden seitens der sich als zuständig fühlenden verantwortlichen Verbände Richtlinien verfasst werden. Diese Regelwerke sollen den an einem Gebäudeschaden beteiligten Personen einen möglichst praxisnahen Orientierungsrahmen geben, in dem idealerweise Geschädigte, Versicherer, Sachverständige sowie alle in die Schadenbearbeitung involvierten Sanierungsunternehmen und weitere Dienstleister trotz oftmals sehr unterschiedlicher Erfahrungs- und Wissensstände fair „auf Augenhöhe“ miteinander kommunizieren können.

In diesem Zusammenhang referierten Dr. Wolfgang Lorenz und Stefan Betz zur BSS-Richtlinie zur Begutachtung und Sanierung von Schimmelschäden in medizinischen Bereichen. Viel wollten die Referenten allerdings zur Richtlinie nicht preisgeben, denn dazu diene die Richtlinie selbst. Trotzdem verrieten sie einen Kernpunkt der Richtlinie: Nämlich die Empfehlung, in jedem Einzelfall zuerst eine sogenannte Task Force zu bilden, welche die Situation vor Ort analysiert und die Vorgehensweise gemeinsam festlegt.

Block 4: PCR – ja ist denn schon wieder Corona?
Zum Abschluss der Veranstaltung sprach Dr. Oliver Röhl schließlich zum Thema „Untersuchung von Schimmel in Baustoffen mittels qPCR und kultivierenden Methoden im Vergleich“. Was sich zunächst ein wenig theoretisch anhörte, mündete in praktischem Nutzen bei den Nachweismethoden. Er stellte die qPCR-Methode zum Nachweis einer mikrobiellen Besiedlung von Baumaterialien vor, die seit 2016 als akkreditiertes Nachweisverfahren in Finnland verwendet wird. Aufgrund der Korrelation zwischen den Ergebnissen der klassischen Kultivierung und den Ergebnissen der qPCR sei ein Schwellenwert definiert worden, auf dessen Basis die Bewertungskriterien der Kultivierung auf die Daten der qPCR angewendet werden könnten.

Anhand der vorgestellten Daten zeigte er dabei, dass die qPCR in der Lage ist, mit hoher Sicherheit mikrobiell besiedelte Proben von solchen ohne Besiedlung zu unterscheiden. Ziel der weiterführenden Forschung sei es, eine Tabelle mit Grenzwerten zu definieren, die der Tabelle 6.3 aus dem Schimmelleitfaden entspräche. Anhand dieser Tabelle ließen sich sowohl qPCR-Ergebnisse als auch solche der klassischen Kultivierung reproduzierbar und einfach interpretieren.

Fazit: Es war wieder sehr interessant
Alles in allem kann man sicher sagen, dass es auch diesmal wieder eine interessante Veranstaltung war, die die Teilnehmer mit fachlichen Impulsen, kontroversen Diskussionen und Ideen bereichert hat. Die nächste Pilztagung findet am 16. + 17. Juni 2026 statt.